Von außen betrachtet befinden wir
uns wie im Paradies: Wir können (scheinbar) jederzeit alles haben. Und trotzdem
sind viele Menschen unzufrieden. Dieses Phänomen erstaunt mich immer wieder. Da
muss die Frage: Warum können wir nicht einfach glücklich sein doch zwangsläufig
auftauchen.
Wie der Zufall es wollte, trat vor kurzem Heinz Roiger, ein buddhistischer Lehrer in mein Leben. Er wurde von der buddhistischen Nonne Ayya Khema authorisiert und begleitet Menschen auf ihrem spirituellen Weg. Nächste Woche leitet er im Buddhahaus im Allgäu ein Seminar mit dem Titel: "Waurm sind wir nicht einfach glücklich".
Hier ein Interview mit Heinz Roiger, das um diese wichtige Frage kreist.
Doris: Du leitest einen Kurs „warum sind wir nicht einfach glücklich?“. Was würdest du aus buddhistischer Sicht antworten, warum wir es nicht sind?
Heinz Roiger: Im Allgemeinen versuchen wir, in der materiellen Welt „das Glück“ zu finden. Wobei nicht nur Dinge die wir bekommen können, damit gemeint sind,sondern hierunter auch insbesondere das geistige Glück von Werten wie Anerkennung, Zuwendung, Erfolg o.ä. zu verstehen ist.
Das ist auch der Kern der Erklärungen des Buddha, dass er sagt, es gibt nur einen Grund für Unzufriedenheit (Leiden). Nämlich es anders haben zu wollen, wie es eben gerade ist.
Kürzer kann man es kaum ausdrücken. Er empfiehlt wahrzunehmen, dass es angenehme und unangenehme Erfahrungen gibt und diese einfach sind.
Was uns unglücklich oder glücklich sein lässt ist der Umgang damit.
Alleine wenn wir uns einmal vorstellen, dass es z.B. nie regnen sollte, weil ich das gerne so hätte,
dürfte doch klar sein, dass dies nicht eintreten wird. Also ist dies ein unrealistischer Wunsch, der unerfüllbar ist.
Wir Menschen sind klug genug das zu verstehen, aber wie gehen wir damit um?
Vor allem haben wir ja in vielen Bereichen Ideen oder Vorstellungen, wie es zu sein hätte.
Können wir hierin bemerken, dass diese oft unerfüllbar sind?
Damit nähren wir das nicht glücklich sein.
Das bedeutet natürlich nicht, dass wir nie wieder Angenehmes erfahren sollten, sondern dass es darauf ankommt wie ich mit Allem umgehe – egal was auch immer in unser Leben tritt.
Doris: Gibt es so etwas wie das ewige Glück?
Heinz Roiger: Hier ist es unumgänglich notwendig die Begrifflichkeiten zu untersuchen – was verstehen wir unter Glück?
Alleine die Vorstellung, dass alle Menschen das gleiche Glücksempfinden haben, scheint doch eher abwegig.
Was wäre dann das eine Glück? Gibt es Millionen von Glück? Gibt es ein Glück für alle?
Oder gibt es eine Glücksformel?
Wenn es eine Formel gibt, dann wäre diese das Glück und den Frieden nicht in der Welt, sondern im eigenen Herzen zu suchen.
Hier setzen, soweit mir bekannt, alle Religionen und ernst zu nehmenden spirituellen Wege an.
Der Weg zum Glück und Frieden - zur Zu-frieden-heit liegt in uns, also auch in unserem Zuständigkeitsbereich.
Sobald dies erkannt und dann vor allem geübt (durch die Ruhe und Einsicht Praxis) und dadurch immer mehr realisiert wird, sind wir auf dem Weg zu einem Zustand, der mehr und mehr zu unserem Wesen wird.
Also dann ein mehr und mehr dauerhafter Zustand wird, welcher als Glück und Frieden erfahren wird.
Auch der Begriff ewig wäre zu untersuchen.
Soweit mir bekannt ist nichts ewig, alles ist im Entstehen und wieder Vergehen, also könnte man – wenn man so will – diese Kontinuität des ewigen Vergehens, als so etwas bezeichnen. Im Allgemeinen meinen wir mit dem Begriff ewig doch etwas anders. Z.B. etwas was immer da bleibt oder wir behalten können, was natürlich nicht möglich ist.
Oder wenn schon nicht in diesem Leben oder auf der Erde, dann doch wenigstens in anderen Sphären.
Hier hilft uns die Wissenschaft derzeit sehr, die im Mikro- und Makro Kosmos festgestellt hat, dass alles, alles ständig in Bewegung ist, also zusammenkommt und wieder auseinanderfällt. Selbst das Universum, die Erde (hierzu gibt es Hochrechnungen, wie lange diese noch bestehen wird) sind also nicht „ewig“.
Das wäre quasi die schlechte Nachricht,
Die gute Nachricht ist, dass wir hier und jetzt einfach da sein können mit dem was ist. Darin das Glück zu erkennen und zu erleben, wenn es uns gelingt Moment für Moment da zu sein. Dann erleben wir das ewige Glück im einfachen Sein, jetzt, in dem einzigen Moment, der tatsächlich sattfindet.
Doris: Erfahrungsgemäß sind wir glücklich, wenn äußere Umstände gut sind. Was braucht es deiner Erfahrung nach, um von äußeren Umständen unabhängig glücklich zu sein?
Heinz Roiger: Zuerst einmal das Erkennen, dass wir uns von diesen äußeren Umständen tatsächlich abhängig machen und das Ergebnis eben ist, dass wir uns damit unglücklich fühlen.
Dann ist es wichtig, die Zuständigkeit zu klären, ob „da draußen“ jemand oder etwas für mein Glück zuständig ist oder ob ich selbst dafür verantwortlich bin, glücklich zu sein.
Oder: Ist das da draußen nur das, was auf meine Knöpfe drückt?
Dann geht es darum, wahrzunehmen, dass es die / meine Reaktionen sind, welche die Basis von dem Gefühl, unglücklich zu sein, bilden und somit ein großes Potential für Abhängigkeiten in sich tragen.
Mit anderen Worten sind sie die „Verhinderer“ vom glücklich sein.
Wir wünschen uns doch so sehr frei zu sein und begreifen nicht, dass wir uns bereitwillig in alle möglichen Abhängigkeiten begeben. Diese Fernsteuerung ist es, die unfrei macht, da im Außen das erfüllt werden soll, was wir dann als Glück bezeichnen.
Dies ist nicht immer so schwierig nachzuvollziehen.
Die Schwierigkeit ist, den Mut aufzubringen dies tatsächlich auch für sich selbst gelten zu lassen und
die Bereitschaft, das in sich fühlend wahrnehmen zu können.
Da zeigen sich immer wieder zum einen fest verankerte Glaubenssätze und zum anderen emotionale Blockaden. Sie lassen uns zurückschrecken, das wir uns tatsächlich einlassen auf uns und das was in uns an Potential da ist. Das ist natürlich eine schizophrene Situation, da wir uns selbst in unserem Erleben dessen was uns ausmacht verhindern. Wir schneiden uns also vom ureigenen Potential ab.
Da wir unsere Schatten vermeiden wollen, wird durch das Abschirmen davon dies automatisch auch das Licht behindern.
Da wir diese beiden Seiten in uns tragen, werden wir diese nicht durch äußere Umstände bekommen.
Es gilt anzuerkennen, dass diese in uns sind und nur wenn wir bereit sind in das Auge des inneren Sturms zu sehen – also diesen zu ertragen und zu durchwandern -, wir authentisch beide Seiten wahrnehmen werden
Dann werden wir auch die Seite, die uns als hilfreich und erhebend erscheint betonen und entfalten können ohne die andere zu negieren.
Das gibt uns die Basis und nach und nach die nötige Sicherheit, so dass sich der ewige innere Kampf befriedet und das vorhandene Glück als solches erkannt und erfahren wird.
Doris: Wie wichtig ist die regelmäßige Praxis auf dem Weg zum Glück?!
Heinz Roiger: Wenn du hier von der Praxis der Meditation und selbstreflektierenden Bewusstseins Entfaltung sprichst, dann ist Kontinuität unumgänglich.
Wenn wir z.B. eine sportliche Leistung erbringen wollen, dann müssen wir den Körper kontinuierlich trainieren, sonst funktioniert er nicht.
Für den Weg zum Glück ist der Geist – der Mentalbereich und der Emotional Bereich – zu „trainieren“. Anders funktioniert dies auch nicht.
Regelmäßigkeit in unserem Bemühen ist eine nicht zu unterschätzende Geisteshaltung, welche uns allerding schon während des Übens immer mehr Freude bereitet. Ayya Khema sagte hierzu: „Eines Tages wird die Anstrengung der Praxis zur Freude der Praxis“
Doris: Was ist das größte Hindernis auf dem Weg dorthin?
Heinz Roiger: Zu begreifen, dass insbesondere Dinge die bereits geschehen sind, zu akzeptieren sind, zumal diese ja eh nicht mehr zu ändern sind.
Viele sprechen hier vom Annehmen, was eine gute Idee ist, was kann es sinnvolleres geben als unseren Lebensfluss (also uns) anzunehmen.
Unsere Erwartungen, die Bedingungen und Resultatdenken nach sich ziehen, sind ebenfalls ein großes Hindernis.
Wir erleben etwas. Z.B. fahren wir im Urlaub in ein fremdes Land und dann ist es nicht ungewöhnlich, daran Bedingungen zu knüpfen, dass es so und so sein soll, anstatt unvoreingenommen wahrzunehmen, das was sich zeigt und dies einfach zu erleben.
Auch hindert uns oft ein tief innenliegendes Gefühl von Mangel oder Unzulänglichkeit, welches verhindert erst einmal einfach mit sich da zu sein, so wie ich eben gerade bin.
All unsere Suche ist Ausdruck von Mangel und behindert wahrzunehmen, das alles da ist, auch das Glück.
Natürlich gibt es Unannehmlichkeiten, aber das ist nun einmal so und aus buddhistischer Sicht, dass je mehr wir damit nicht einverstanden sind, immer mehr Unzufriedenheit entsteht.
Diese ist auf den Anteil in unseren Geist, den man den Jammergeist nennen kann, zurückzuführen.
Der Dalai Lama sagt hierzu: Wir können die äußeren Ereignisse in den seltensten Fällen kontrollieren,aber unsere Reaktionen darauf können wir sehr wohl verändern.
Es liegt also an uns! Welch befreiendes Erkennen.
Doris: Wem empfiehlst du diesen Kurs besonders?
Heinz Roiger: Menschen, denen das, was wir besprochen haben bekannt erscheint und die Interesse haben, aus dieser Endlosschleife auszutreten.
Wer sich nach dem Alltagstrott, wieder Kraft, Energie, Ruhe und Klarheit wünscht.
Die, die ankommen wollen statt zu suchen.
Und all jene, die Interesse haben, einmal wirklich mit sich selbst zu sein.
D.h. sich erst einmal so wie ich bin, wertungsfrei kennenzulernen (Aha) und sich dann so wie ich bin (Ok) anzunehmen.
Dies ist eine sehr hilfreiche Einstellung, da dies allein schon in sich ein Akt der liebevollen Zuwendung ist.
Dies in fühlender Wahrnehmung zu erleben, lässt uns die Kunst des Machbaren einladen.
Und dann eignet sich dieser Kurs sowohl für Menschen, die am Beginn stehen als auch für solche Menschen, die nach einer zur Vertiefung der langjährigen Praxis suchen und bereits den Weg der selbstreflektierenden Bewusstseins Entfaltung gehen.
Doris Iding: Herzlichen Dank für den Einblick in die buddhistische Praxis und den Hinweise darauf, dass es also doch möglich ist, glücklich zu werden!!
Weitere Informationen zum Kurs
So ein Seminar hört sich verlockend an! Nach meinem interessanten Lehrgang zu Marketing überlege ich mir auch so eines anzuhängen.
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