Wer einen eigenen Hund hat, der weiß, wie viel wir von ihnen lernen können.
So erging es mir auch mit "Roshi", einem entzückendem Parson Jack
Russel, der mich 9 Jahre meines Lebens begleitet hat. Auf diesem Blog habe ich
bereits über ihn geschrieben. Er war mir ein großer Lehrmeister und bescherte
mir viele Glücksmomente und fehlt mir sehr!
Dirk Grosser besaß ebenfalls einen Hund, der ihn viel über das Leben und das Sein lehrte. In seinem Buch "Buddha auf vier Pfoten" hat der die Erfahrungen über die gemeinsamen Jahren beschrieben. Ein wunderschönes Buch. Witzig, intelligent und humorvoll geschrieben. Ich glaube, jeder Hundebesitzer wird sich darin wiedersehen.
Was Dirk mit seinem Hund alles erlebt hat und warum es sich lohnt, das Buch zu lesen, erfahrt ihr in dem Interview mit Dirk!
Dein Buch hast du deinem Buddha auf vier Pfoten gewidmet. Was hat dich dein Hund am meisten gelehrt?
Er hat mich wirklich so viel gelehrt, dass ich gar nicht weiß, wo ich beginnen soll ... Aber die wichtigsten Dinge waren wahrscheinlich Geduld und dazu eine Haltung, die sich selbst nicht allzu ernstnimmt, und letztlich Zufriedenheit. Geduld lernt wohl jeder Hundefreund als erstes, denn dem Himmel sei Dank „funktionieren“ Lebewesen nun einmal nicht so, wie wir uns das vielleicht vorstellen. Jeder Hund hat seinen eigenen Charakter, seinen eigenen Kopf und macht Dinge, mit denen wir niemals gerechnet hätten. Er ist kein Roboter, dem man Befehle eingibt, auch wenn manche Hundehalter das gern so hätten. Du musst dich darauf einlassen und Dinge auch mal so hinnehmen, wie sie geschehen. Der Hund macht irgendwelchen Blödsinn, zerlegt deine Couch, frisst deine Trommel, verteilt den Inhalt des Mülleimers in der ganzen Wohnung – und du findest es einfach zauberhaft. Auf eine seltsame Weise …
Der Hund zerlegt nicht nur deinen Besitz, sondern auch einen Teil deines Selbstbildes. Er ist anders als du, definitiv kein Zwangsneurotiker, was Ordnung angeht – und entweder du lässt dich auf dieses Tier ein oder beide, Halter und Hund werden unglücklich. Bobba hat mich oft der Lächerlichkeit preisgegeben und das hat mir letztlich gut getan, auch wenn ich das in dem jeweiligen Moment vielleicht anders gesehen habe. Hunde haben keine Idee von sich selbst, keine Vorstellung, wie sie zu sein haben, was sie darstellen sollen usw. Sie sind einfach – und irgendwie bringen sie dich dahin, auch deine Vorstellungen von dir selbst zu hinterfragen, dich nicht mehr so bierernst zu nehmen, dir selbst nicht mehr alles zu glauben, was du so denkst. Dann merkst du, dass du zufriedener wirst, weil Zufriedenheit ausreicht. Der Hund ist glücklich mit dem, was er hat, mit dem Augenblick, der sich zeigt. Wenn man lange mit Hunden zusammen ist, färbt das ein bisschen ab, glaube ich. Und das wirkt sich auch auf den spirituellen Bereich aus. Auch dort ist Zufriedenheit ein wunderbarer Zustand, der nicht mehr nach Erleuchtung oder irgendeinem anderen Feuerwerk der guten Laune strebt. Der nichts mehr hinterherrennt außer vielleicht einem Ball …
Worin bestand für dich das Glück der kleinen Dinge mit diesem Hund?
Einem echten Lebenskünstler beim Genießen des Augenblicks zuschauen zu dürfen, war immer eine Freude. Bobba schien immer glücklich. Ganz gleich, was geschah – er hat sich nie die Laune verderben lassen. Ich erinnere mich an so viele Momente mit ihm, ganz einfache Kleinigkeiten: Ball spielen, um einen Ast kämpfen, zusammen am Bach sitzen und über kleine Fische und Kaulquappen staunen, zum zehnten Mal irgendwo die neu gekaufte Frisbee verbuddeln und nicht mehr wiederfinden, durch den Schnee rennen (und jede Menge davon fressen), lange Wanderungen machen und das Butterbrot miteinander teilen …
Ich glaube, mit jedem echten Freund kann man diese kleinen Momente des Glücks erleben, wenn man gelernt hat, auf sie zu achten. Nur hatte einer meiner besten Freunde eben einfach vier Beine statt zwei.
Warum sind Hunde deiner Ansicht nach besonders gute Lehrer?
Sie geben ihre Weisheiten ohne jedes Brimborium preis, einfach so, ganz nebenbei. Zudem benutzen sie dabei keine Worte, sodass du daraus keine festgeschriebene Lehre basteln kannst. Sie sind eher Koans auf vier Beinen, zeigen dir das Rätsel, das Mysterium, das Staunen und die Freude – und wollen nur mit dir gemeinsam alles betrachten und nicht philosophisch ergründen. Das ist ziemlich erholsam.
Menschliche Machtverhältnisse interessieren sie ebenfalls nicht die Bohne, sie wollen einfach mit dir befreundet sein. Und manchmal hat man das Gefühl, sie wüssten ganz genau, was du möchtest – um dann genau das Gegenteil zu tun. Auch das kann eine große Lehre sein, weil du merkst, dass das Leben sich einfach auf seine Weise entfaltet und nicht so, wie du dir das vorstellst. Wunschzettel sind vielleicht beim Weihnachtsmann gut aufgehoben – ein Hund wird sie einfach zerfetzen. Weil das mehr Spaß macht!
Warum glaubst du, lieben Menschen Hunde so sehr?
Hunde sind schon so lange Gefährten des Menschen, wahrscheinlich schon mindestens 12.000 Jahre, manche Forscher sprechen auch von 30.000 Jahren. In all dieser Zeit waren sie treu an unserer Seite, haben auf uns und unser Vieh aufgepasst, haben uns bei der Jagd begleitet, haben als Rettungshunde gearbeitet und vieles mehr. Alle Hundefreunde, die ich kenne, wissen ganz genau, dass sie sich absolut auf ihren Hund verlassen können. Das ist sicher ein Aspekt. Aber das Wichtigste scheint mir zu sein, dass Hunde völlig bedingungslos lieben – und dass diese Tatsache eine Zuneigung in uns auslöst, die ihresgleichen sucht. Hunde interessieren sich nicht für dein Aussehen, deinen Body-Mass-Index oder dein Bankkonto. Sie wollen dich als Freund, so wie du bist. Du kannst jede Maske beiseitelegen, jede gesellschaftliche Rolle aufgeben, einfach der sein, der du bist. Auch auf die Gefahr hin, dass es vielleicht ein wenig kitschig klingen mag: Hunde haben ein riesiges, offenes Herz – und das bringt dich dazu, dein Herz ebenfalls zu öffnen und weit werden zu lassen.
Du hast ihn „Buddha auf vier Pfoten“ genannt. Was gefällt dir somit an Buddha? Warum nicht „Jesus auf vier Pfoten“?
Jesus und Buddha sind für mich zwei gleichermaßen wichtige Lehrer. Sie haben unterschiedliche Schwerpunkte, doch für mich scheint bei beiden letztlich eine große Sache auf: Menschlichkeit! Und darin ergänzen sie sich auf wunderbare Weise.
Als Bobba bei mir lebte, war ich hauptsächlich am Buddha-Dharma interessiert und deshalb habe ich ihn wahrscheinlich eher mit einem Buddha identifiziert als mit einem christlichen Lehrer. Er hatte diese ruhige Art und oft diesen Ausdruck im Gesicht, den man auch bei Buddhastatuen sieht: ein feines Lächeln und die Augen auf Halbmast. Hunde sind Meister der Entspannung – und daher war die Assoziation mit einem Buddha für mich immer naheliegend. Aber die bedingungslose Liebe, das Annehmen jedes Menschen, so wie er ist, hätte ich auch gut mit den Lehren Jesu verbinden können.
Vermutlich spielt es auch eine Rolle, dass Bobba so ein lustiger Kerl war. Zwar haben die christlichen Wüstenväter auch Humor zu bieten, aber die Zen-Geschichten und Anekdoten von Ryokan, Hanshan oder Joshu Jishin sind doch um einiges lustiger. Das waren weise Narren – und Bobba war für mich ein ebensolcher Narr. Ein wunderbarer, liebenswerter, lebenskluger Verrückter.
Du hast derzeit zwei Hunde. Was lehren sie dich?
Wenn ich an die beiden denke, könnte ich direkt ein weiteres Buch schreiben: „Yin und Yang auf acht Pfoten“ oder so. Sie sind unglaublich unterschiedlich und dazu auch noch schwarz und weiß. Baldur, der Rüde, ist ein englischer Gentleman – unglaublich sanft, zurückhaltend, elegant und pfeilschnell. Lilly, unsere Hündin, ist dagegen ein Bulldozer mit Fell – immer mit dem Kopf durch die Wand, mit eher kompaktem Erscheinungsbild, oft brachial, dazu gerne furzend und rülpsend. Ein wirklich einzigartiges Paar!
Beide kommen aus sehr schlechter Haltung, wobei Baldur ungefähr anderthalb Jahre gebraucht hat, um sich davon zu erholen und sich wieder zu öffnen, während Lilly nach zwei Tagen grinsend durchs Haus sprang. Beide sind nun fröhliche Hunde und das zeigt mir, dass es immer einen Neuanfang geben kann. Darüber hinaus lehrt Baldur mich, dass Sanftheit und Kraft sich keinesfalls ausschließen. Er geht mit allen Dingen ganz vorsichtig um, ist ungeheuer lieb zu den Kindern, hat auch kein Problem damit, dass Playmobilfiguren auf ihm herumlaufen und ihn als „schneebedeckten Berg“ benutzen. Doch wenn jemand das Grundstück betritt, den er und ich nicht kennen, dann kann er auch ein ganz anderes Gesicht zeigen. Ich kann wirklich nur jedem davon abraten, hier einbrechen zu wollen …
Lilly zeigt mir dagegen, wie man gut für sich sorgt. Sie lässt es sich gut gehen, genießt jede Minute ihres Lebens, freut sich wie verrückt, wenn es etwas zu fressen gibt, und ist einfach trotz aller gescheiterten Erziehungsversuche der unproblematischste Hund, den ich kenne. Einfach, weil sie von Natur aus fröhlich, lieb und unkompliziert ist.
Und das die beiden so gut miteinander auskommen, obwohl sie von unterschiedlichen Planeten zu stammen scheinen, ist natürlich auch eine große Lehre.
Worin besteht für dich im Zusammenleben mit ihnen das Glück der kleinen Dinge?
Ich denke, es ist das Zusammenleben als Ganzes. Die Tiere um mich haben, sie jeden Tag als Mitbewohner und gute Freunde zu erleben, mit ihnen lange Spaziergänge zu machen, sie zu beobachten, wenn sie alle zwei Sekunden etwas unfassbar Aufregendes entdecken, zu sehen, dass sie sich wohlfühlen. All das ist auch Teil meines Glücks. Da ist dann noch das Erleben von Anmut und Schönheit, wenn Baldur nach einem Ball rennt – und ebenso die niedlichen Momente, wenn er seinen Plastikigel ganz vorsichtig auf seine Decke trägt, um ihn dort zwischen seinen Vorderpfoten zu bewachen. Und ganz besonders ist es der abendliche „Pansentanz“, den Lilly aufführt, wenn sie abends ihre letzte Runde gedreht hat und ganz genau weiß, dass es jetzt noch ein stinkendes Betthupferl gibt. Das tapsige im Kreis Herumspringen und das Abheben mit allen vier Pfoten vom Boden ist einfach großartig und sicherlich etwas, das für alle Beteiligten „das Glück der kleinen Dinge“ darstellt.
Autor: DirkGrosser
Titel: Der Buddha auf vier Pfoten: Wer braucht schon einen Zen-Meister, wenn er einen Hund hat?
Verlag: Kailash 2015
Titel: Der Buddha auf vier Pfoten: Wer braucht schon einen Zen-Meister, wenn er einen Hund hat?
Verlag: Kailash 2015
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