Mittwoch, 8. Juni 2016

Was tun, wenn Meditationsanleitungen im Weg sind?!
























Ich lerne viele Menschen kennen, die so vorgefertigte Konzepte von der Meditationspraxis mit sich herumtragen, dass sie sich vollkommen darin verfangen.

Sie sind so darauf konzentriert, "richtig" zu konzentrieren, d.h. einer Anleitung zu folgen, dass sie überhaupt nicht dazu, kommen, den Kopf abzuschalten und in eine Meditation einzutauchen. Das hängt häufig damit zusammen, dass wir irgendwann einmal Ratgeber über die richtige Meditation gelesen haben oder irgendwo auf jemanden gestoßen sind, der ihnen eine Gebrauchsanleitung für die Meditation mit auf den Weg gegeben hat.
Deshalb ist es eine große Erleichterung zu lesen, dass auch Jason Siff, der Autor des Buches "Meditation verlernen" der seit seiner Jugend als buddhistischer Mönch meditiert, Schwierigkeiten mit der Meditation bzw. mit dem Verfolgen strikter Anleitungen hatte. Und nicht nur das: auch viele seiner Seminarteilnehmer hören häufig irgendwann mit der Meditation auf, weil sie an dem Teil in sich verzweifeln, der sich weigert, den Anleitungen zu folgen.

Das von ihm geschriebene Buch lehnt – auch wenn der Titel „Meditationen verlernen“ vielleicht etwas anderes vermuten lässt - traditionelle Meditationspraktiken nicht per se ab, sondern es ermutigt den Leser und Praktizierenden vielmehr dazu, einen eigenen Meditationsweg zu suchen und zu finden. Und zwar einen Weg, der uns lehrt, toleranter mit intensiven Gefühlen, Schläfrigkeit, herausfordernden Gedanken und Fantasien umzugehen – jenem Spektrum an inneren Erfahrungen, dass uns gewöhnlich als Hindernis bei der Meditation erscheint. Siff ädt uns auch ein, das Denken nicht kategorisch abzulehnen - denn gerade das häufige Abschweifen der Gedanken ist es, was viele wieder von der Meditation abbringt, weil es so schwer ist – sondern einfach anders damit umzugehen.

Unter Verlernen versteht Jason Siff, das Loslassen von starren Regeln, das Hinterfragen von Konzepten, sodass wieder die oben beschriebene ganze Bandbreit an inneren Erfahrungen hochkommen darf. Die von Siff vorgestellte Meditationspraxis macht es möglich, weil sie sehr sanft, flexibel, zulassend und ehrlich ist und somit zu einem sanften Türöffner zu uns selbst wird. Ja, für viele Menschen öffnet sich dadurch sogar ein ganz einfacher, neuer und unvorbelasteter Zugang zu einer intensiven und kraftvollen Meditationspraxis. Sich nicht permanent unter Druck zu setzen, sondern bei den eigenen Erfahrungen zu bleiben, das bedeutet eben auch Verlernen von dem, was hinderlich ist, um eine tiefgehende und dauerhafte Praxis durchzuhalten.

Siff macht auch den Unterschied deutlich, was es bedeutet, das zu verlernen was hinderlich ist, und jenes zu verlernen, was gut funktioniert. Dadurch spricht er sowohl Anfänger und Fortgeschrittene an und lädt sie ein, die eigene Praxis und die Art und Weise, wie man meditiert zu überprüfen – und gegebenenfalls loszulassen. Um zu verstehen, was genau gemeint ist, führt er viele Bespiele an und verweist auch auf eine sensiblere Sprache beim Beschreiben der Erfahrungen hin.

Besonders hilfreich sind die Erfahrungen und Ausführungen zu den Sackgassen und Blockaden, die wohl jedem auf dem Weg früher oder später passieren. Wohltuend auch hier sind die Fallbeispiele, weil sie wieder deutlich machen, dass wir nicht alleine sind auf den Irrwegen zur Erleuchtung. Besonders spannend ist das Kapitel über vielschichtige meditative Prozesse gewinnen und die Gegenüberstellung von verschiedenen Meditationspraktiken und ihren Zielen. Diese Seiten helfen, sich selbst immer wieder zu orientieren, zu hinterfragen und immer wieder neugierig aufs Kissen zu setzen, so als würde man zum ersten Mal in seinem Leben meditieren und ganz frisch, sanft und offen für die Praxis sein.

Titel: Meditation verlernen: Was tun, wenn Anleitungen im Weg sind.
Autor: Jason Li
Seiten: 256
Verlag: Arbor Verlag 2015

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